Sehenswertes in Affaltrach

Evangelische Johanneskirche mit Lutherlinde und Brunnen

Am Ordensschloss 3, Obersulm-Affaltrach

Das genaue Baujahr der Johanneskirche ist unbekannt. Im Jahr 1289 erhielt der Johanniterorden, der zu dieser Zeit einen Sitz in Schwäbisch Hall hatte, das Patronatsrecht (Pfarrbesetzungsrecht) für die Kirche in Affaltrach. Weitere vier Schenkungsurkunden aus der Zeit von 1293 bis 1312 deuten ebenfalls auf das Vorhandensein einer Kirche hin. Das Kirchengebäude weist auf Grund der vielfältigen baulichen Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte keinen einheitlichen Baustil auf. So findet man gotische und barocke Bauteile genauso wie Jugendstilelemente vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Einzelne Gebäudeteile der Johanneskirche dürften sicherlich mit zu den ältesten Gebäuden in Obersulm gehören. Nachdem Affaltrach bei der Reformation zum evangelischen Glauben übergetreten war, siedelten die Johanniter im 17. Jahrhundert verstärkt katholische Einwohner an. So wurden ab 1660 Gottesdienste beider Konfessionen in der Johanneskirche abgehalten. Von 1706 bis zur Weihe der neuen Katholischen Kirche im Oktober 1899 diente das Gotteshaus offiziell als sog. Simultankirche. Bis 1819 war das Gebäude von einem Friedhof umgeben, auf dem sowohl die evangelischen Einwohner Affaltrachs und die des kirchlichen Filials Eichelberg als auch die katholischen Einwohner bestattet wurden. 

Das Kirchengebäude

Evangelische Johanneskirche Affaltrach
Evangelische Johanneskirche Affaltrach

Ein Teil des heutigen Kirchenschiffes dürfte zum ältesten Bereich des Kirchengebäudes gehören. Das genaue Baujahr ist nicht bekannt, jedoch erhielt der Johanniterorden zu Schwäbisch Hall im Jahr 1289 das Patronatsrecht (Pfarrbesetzungsrecht) für die Pfarrei. Zuerst nur drei Viertel von Gottfried von Bachenstein, aber im gleichen Jahr erlaubte König Rudolf seinem Sohn Graf Albrecht von Löwenstein sein Viertel am Patronatsrecht ebenfalls den Johannitern zu verkaufen. Mit dem Patronatsrecht verbunden war natürlich auch die Baulast für die Kirche. Die große Glocke von 1410 weist ebenfalls auf ein hohes Alter der Kirche hin. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Gebäude mehrfach um- und angebaut. Vermutlich um 1500 erfuhr die Kirche eine grundlegende Renovierung. Ob sie von Anfang an Johannes dem Täufer geweiht war oder dieser erst später zum Kirchenpatron auserwählt wurde, lässt sich nicht mehr feststellen. Anfang des 17. Jahrhunderts wurden im Kirchenschiff zwei Emporen eingebaut: auf der nördlichen Seite eine Männerempore und gegenüber der Kanzel eine Orgelempore. Weiter erhielt das Kirchenschiff hohe Fenster; zudem wurden die Schäden aus dem Dreißigjährigen Krieg beseitigt. 1750 ließ Komtur von Boodmann auf Ordenskosten den Chor mit dem alten Turm abreißen und dafür den für die Barockzeit typischen Zwiebelturm errichten. Sein Nachfolger Grisset zu Forell vollendete den Choranbau. Sein Wappen ziert seitdem den zweiten Chorbogen. Nachdem die Katholische Kirchengemeinde 1899 in ihr neues Gotteshaus umgezogen war, wurde nach Plänen des Baurats Frey aus Stuttgart das Kirchengebäude um ein Querschiff erweitert, der Innenraum umgebaut und auch unter Einfügung von Jugendstilelementen gründlich renoviert. Statt des Hochaltars schließt seitdem das Fensterbild "Jesus segnet die Kinder" den Chor ab und der Altar ist vorgerückt. Das Querschiff erhielt zwei neue Emporen, links vom Kirchenraum aus gesehen die sog. "Affaltracher" und rechts gegenüber die sog. "Eichelberger" für die Kirchgänger aus dem kirchlichen Filial Eichelberg. 1952/1953  wurde ohne bauliche Veränderungen eine größere Innenrenovierung durchgeführt, da sich die Kirche "in einem katastrophalen Zustand befindet", wie der damalige Pfarrer Rudi Künzel schrieb. Bei der Außenrenovierung von 1991/1992 wurden vor allem die gesamten Dachflächen über Kirchenschiff und Turm mit Naturschieferplatten neu eingedeckt. Die umfangreiche Innenrenovierung 1996/1997 erfolgte in enger Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt. Das gestiftete Gemälde des aus Heilbronn stammenden Wiener Künstlers Friedrich Heinrich Füger "Christus als Weltenherrscher" von 1812 schmückt die nördliche Längswand. So zeigt sich heute "ein einladend freundliches und helles Kirchengebäude", wie Pfarrer Hans-Georg Steg damals in der Festschrift schrieb.

Glocken

Das heutige Geläut besteht aus drei Gussstahl- und der großen Bronzeglocke. Diese Bronzeglocke trägt die Inschrift: "Osanna heiß ich, zu unser Frauen e(h)r läut ich, Bernhard Lachmann goss mich 1410". 1922 verkaufte die Kirchengemeinde diese Glocke nach Unterheimbach, wo sie zu Beginn der sechziger Jahre durch ein neues Geläut entbehrlich wurde. 1961 kaufte die Affaltracher Kirchengemeinde die Glocke wieder zurück; von der "Heimkehr" der Glocke spricht die Chronik.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          

Orgel

Die erste Orgel von 1784 befand sich auf einer Empore "in paralleler Richtung" gegenüber der Kanzel. Sie konnte aus freiwilligen Beiträgen "der Evangelischen undKatholiken" angeschafft werden, "denn ehevor war keine Orgel vorhanden". Die neue Pfeifenorgel von 1894 - mit 12 Registern und zunächst ohne Rückwand - gehörte der evangelischen Gemeinde. Die Katholiken zahlten für die Mitbenutzung jährlich 25 Mark Orgelmiete. Diese Orgel wurde vermutlich im Zusammenhang mit der grundlegenden Renovierung der Kirche im Jahr 1902 auf die heutige Orgelempore versetzt. Sie befindet sich auf der westlichen Giebelseite des Kirchenschiffes.1949 wurde diese Orgel von der Firma Walcker, Ludwigsburg, renoviert und zum Teil umgebaut. 1972 entschloss sich die Evangelische Kirchengemeinde eine elektronische Orgel zu beschaffen. Die heutige dritte elektronische Orgel stammt aus dem Jahr 2019.                                                      .           

Die Simultankirche 

Um das Jahr 1535 wandte "sich die ganze Gemeinde Affaltrach dem Lichte der Reformation" zu. Der Reformator dürfte Erhard Schnepf (1495 - 1551) aus Weinsberg gewesen sein, der auch in Löwenstein die Reformation eingeführt hatte. Nicht eindeutig klären lässt sich die Frage, ob die ganze Gemeinde oder nur der größte Teil der Einwohner den neuen Glauben angenommen hatte. Die ersten Eintragungen in den evangelischen Kirchenbüchern datieren aus dem Jahr 1551. Mit der Reformation wurden Bilder, Fahnen und liturgische Elemente "allzu katholisches" aus der Kirche entfernt, wobei sich die kirchlich-religiöse Situation in Affaltrach deutlich von den württembergischen Nachbargemeinden unterschied. "Landesfürst und alleiniger Herr über den Flecken Affaltrach" war der Johanniterorden, der seine Kommende (Verwaltungssitz) von Schwäbisch Hall nach Affaltrach verlegt hatte. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts siedelten die Johanniter immer mehr Katholiken im Ort an und begannen ab 1660 nach dem "lutherischen Kirchgang" in der Kirche die Messe zu lesen. Dies führte zunehmend zu Spannungen zwischen den beiden Konfessionen, zumal die Johanniter als Gebäudeeigentümer ihrerseits bauliche Änderungen an der Kirche vornahmen. In einem Vertrag von 1706 zwischen dem Herzoglichen Haus Württemberg (als Schutzherr der Evangelischen) und dem Johanniterorden (als Schutzherr der Katholiken) wurden die jeweiligen Rechte der Konfessionen festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt war die Kirche fast 200 Jahre lang - bis zum Bau der katholischen Kirche - offizielle Simultankirche. Fast vier Jahrzehnte trug dieser Vertrag trotz mancher Spannungen zum religiösen Frieden in Affaltrach bei. Doch der konfessionelle Friede wurde zunehmend brüchig. Oft kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Kleinigkeiten hochgespielt und dramatisiert wurden, weil es an Toleranz und Verständnis für die jeweils andere Seite fehlte. Auch nach dem Ende der Johanniterherrschaft 1806/1807 und nunmehr als württembergische Untertanen,  gab es bis in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts immer noch untereinander Spötteleien, Kränkungen, Mahnungen und Beschwerden. Die Schrecken der beiden Weltkriege und die Zeit des Nationalsozialismus in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jarhunderts ließ beide Kirchen enger zueinander stehen. Es wuchs das Verständis füreinander. Das Gemeinsame des Glaubens wurde eher gesehen als das Trennende und so besteht heute ein gutes ökumenisches Einvernehmen zwischen den beiden Konfessionen. 

Kirchplatz/Alter Friedhof/Gefängnisturm/Feuerspritzenhaus/Lutherlinde/Dorfbrunnen/Sühnekreuz

Kirchplatz und Alter Friedhof
Ursprünglich diente der Platz um die Kirche als Friedhof. Nach der Reformation scheinen dort nur die evangelischen Einwohner Affaltrachs und die des kirchlichen Filials Eichelberg begraben worden zu sein. Als der Johanniterorden ab dem Jahr 1743 auf dem südlichen Teil des Kirchhofs Katholiken beerdigen ließ, beklagten sich die Evangelischen "dass dort viele Eichelberger und Kinder begraben liegen". 1819 wurde der Friedhof außerhalb des Ortes verlegt, wobei drei Viertel des Friedhofs den Evangelischen und ein Viertel den Katholiken zugeteilt wurde. 1826 bis 1848 durfte der ehemalige Kirchhof zum Bleichen der Wäsche verwendet werden. Zwischen 1845 und 1851 wurde der Kirchhof, der damals durch das schmale sog. "Kapuzinergäßchen" vom katholischen Pfarrhaus getrennt und mit einer Mauer versehen war, abgehoben und eingeebnet. Sowohl auf der Süd- als auch auf der Nordseite der Kirche wurde dann der so gewonnene Platz mit Akazien und Vogelbeerbäumen bepflanzt. 1901/1902 wurde aus Anlass der großen Kirchenumbaumaßnahmen (u.a. Bau eines Querschiffes) der Kirchplatz neu gestaltet. Eine Stützmauer wurde gegen das katholische Pfarramt hin errichtet und das alte Kapuzinergäßchen als Zufahrt verbreitert. Die Akazien wurden gefällt und der Holzerlös für die Umbauarbeiten verwendet. 1966 wurde der Kirchgarten neu gestaltet und erfuhr dann Ende der achtziger Jahre mit dem Bau des Gemeindehauses (Johanniterhaus) auf seiner Südseite eine weitere Umgestaltung. So wurde u.a. das Gemeindehaus durch einen überdachten Gang mit der Kirche verbunden. 2020 erhielt der Platz seine heutige so ansprechende Gestalt. So finden wir barrierefrei Zugänge und einen barrierefreier Weg um das Kirchengebäude wie auch eine kleine Empore, die u.a. für Chorvorträge genutzt werden kann. Eine Stele in der Farbe eines israelitischen Priestergewands mit einem Sichtbezug zur früheren Synagoge ist noch ein zusätzliches wichtiges Gestaltungselement, wie Pfarrer Dirk Grützmacher betont. Die Inschrift in hebräischer und deutscher Sprache ist das jüdische Glaubensbekenntnis: "Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer".


Gefängnisturm und Feuerspritzenhaus
Über lange Zeit stand an der Nordwestecke des Kirchhofs ein Turm mit dreifachem Kerker. Darunter befand sich das Gefängnis. 1821 kaufte die bürgerliche Gemeinde den ehemaligen "Gefängnisturm" vom Königreich Württemberg. In den Jahren danach diente vermutlich ein Teil dieses alten Gefängnisses für Feuerlöschzwecke. Um 1861 wurde nämlich an diesem Platz ein neues "Feuerspritzenhaus" erbaut. Der darunterliegende Keller wurde an einen Privatmann verkauft. Das Spritzenhaus diente seinen Zwecken dort bis zu seinem Abbruch 1917. Ende der achtziger Jahre erwarb die Kirchengemeinde den Keller an der Pfarrgasse und einige Jahre später von der bürgerlichen Gemeinde den Platz darüber.


Lutherlinde
Am 10. November 1883 feierte die evangelische Gemeinde den 400. Geburtstag Martin Luthers. Zum Abschluss der Feier wurde ein Lindenbäumchen "aus dem Wald hinter Eichelberg" auf dem Kirchplatz gepflanzt. Der katholische Pfarrer Geiger beantragte darauf beim Königlichen Oberamt in Weinsberg die Entfernung der Linde, da die Linde just vor dem katholischen Pfarramt auf dem früheren katholischen Begräbnisplatz stehe. Die Evangelischen dagegen behaupteten, dieser Platz sei jetzt gemeinschaftliches Eigentum. In der Nacht vom 26. auf 27. Dezember wurde die Linde "am Boden von feindlicher Hand vollends abgesägt", nachdem das Stämmchen schon in der Nacht der Pflanzung beschädigt worden war. Im Juni 1884 begann der "Stumpen" wieder auszuschlagen. Noch im Juli wurde der "Stumpen" mit einem Zaun umgeben, nachdem zuvor die Fronleichnamsprozession von evangelischer Seite in ungebührlicher Weise gestört worden war. Nach unterschiedlichen Erzählungen wurde vor der Prozession ein leckes Güllefass durch das Dorf gefahren; eine andere Version spricht von einer Fuhre Mist. Nach mehrfachen Eingaben von beiden Seiten an das Königliche Oberamt begann man sich dort erst der Beschwerden anzunehmen, als das "Deutsche Volksblatt" in großer Aufmachung über die "schmachvolle Störung der Fronleichnamsprozession in Affaltrach" berichtet hatte. Um den "Frieden wiederherzustellen", könne doch für die Lutherlinde ein Platz gefunden werden, "der unbestritten im Eigenthum der evangelischen Gemeinde wäre". Eine definitive Entscheidung in der Kontroverse wurde nicht getroffen. Heute steht die Lutherlinde friedlich und zur Freude aller - auch nach baumchirurgischen Behandlungen, zuletzt im Jahr 2019 - immer noch an ihrem ursprünglichen Platz.


Brunnen
Der Brunnen auf der nordöstlichen Seite des Kirchplatzes wurde im Jahr 2002 von Rüdiger Weinhold aus Lendsiedel bei Schwäbisch Hall entworfen und hergestellt. Im Zuge der Ortskernsanierung und einer neuen Straßenraumgestaltung wurde zuvor der gemauerte Schacht eines früheren Pumpbrunnens vor dem ehemaligen Gasthaus Ochsen entdeckt, freigelegt und mit einer Platte verschlossen. Die Idee der Pfarrgemeinde für einen neuen Brunnen einige Meter nördlich auf dem Kirchengrundstück griff die Gemeinde Obersulm auf und verwirklichte sie. Von vier Stelen umrahmt fließt das Wasser in ein Becken mit drei Findlingen aus unterschiedlichem Stein. Ein Sinnbild für die Menschen katholischen, evangelischen und jüdischen Glaubens mit ihren gemeinsamen Quellen? Die drei Gotteshäuser stehen ja in naher Nachbarschaft zueinander. Seit der Einweihung wird jährlich Anfang September rund um den Brunnen das Affaltracher Brunnenfest gefeiert und auch ein ökumenischer Gottesdienst gehört dazu. Es sind im Ort auch viele Muslime ansässig geworden. "So könnte der Brunnen aber auch den Dialog zwischen den drei monotheistischen Religionen von Christen und Juden mit dem Islam meinen und fördern wollen!" So deutete Pfarrer Hans-Georg Steg im Bilderlesebuch "Evangelische Kirchen im Dekanat Weinsberg".

Sühnekreuz   

In der Pfarrgasse steht vor der Kirchplatzmauer ein altes Sühnekreuz. Es wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei Bauarbeiten im Bereich Schulgasse/Am Ordensschloß gefunden. Sühnekreuz oder Mordkreuz ist die Bezeichnung für ein Steinkreuz, das im frühen Mittelalter zur Sühne für einen begangenen Mord oder Totschlag errichtet wurde. Es sollte Vorübergehende zum Gebet für einen Verstorbenen anhalten, der unvermittelt zu Tode kam, ohne dass er die Sterbesakramente hatte empfangen können. Wurde jemand im Streit oder absichtslos getötet, musste der Schuldige mit der Familie des Opfers einen sog. Sühnevertrag abschließen. Ab 1300 soll es üblich gewesen sein am Tatort oder dort, wo es die Angehörigen wünschten, ein steinernes Sühnekreuz aufzustellen.                                               


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