Sehenswertes in Eschenau

Der Friedhof und seine "Schlossgräber"

An Stelle des ursprünglichen Begräbnisplatzes rund um die Kirche ("Kirchhof") ließ die "Heiligenpflege" (entspricht in etwa der heutigen Kirchenpflege) einen neuen Bestattungsplatz am westlichen Ortseingang errichten. Der Friedhof wurde 1617 geweiht und bis zur heutigen Zeit mehrfach erweitert. Auf ihm wurden im Laufe der Jahrhunderte auch "Schlossherren" und deren Familienangehörige bestattet. Einige alte Grabsteine zeugen davon.

Bestattungsorte in Eschenau: Friedhof und Kirche

Friedhof als Bestattungsort

Wie in allen Orten der Umgebung befand sich auch der ursprüngliche Begräbnisplatz von Eschenau im unmittelbaren Umfeld der Kirche. Es gab wohl mehrere Gründe den Kirchhof an den heutigen  Platz zu verlegen. So störte sicherlich der lärmende Herbstbetrieb der neben der Kirche erbauten Keltern genauso, wie der in diesem Bereich vorhandene hohe Grundwasserspiegel. Die Obhut des Kirchofs lag bei der "Heiligenpflege" (entspricht heute in etwa der Kirchenpflege). 1616 fasste sie den Entschluss den Begräbnisplatz außerhalb des Ortsetters zu verlegen und zwar auf eine leichte Anhöhe am Weg zum Nachbardorf Affaltrach.  Das Grundstück dazu stellte die damalige Ortsherrschaft, die Herren von Gemmingen, zur Verfügung. Bereits ein Jahr später, 1617, konnte der neue Friedhof geweiht und seiner Bestimmung übergeben werden.

Das aus jener Zeit stammende rundbogige, aus Sandstein bestehnde Eingangstor ist heute noch zugänglich. Bis zu dessen Renovierung im Jahr 2001 war im Kopfstein die Jahreszahl 1617 lesbar. Die ebenfalls aus dem selben Jahr stammende steinere Gedenktafel, die kurz vor dem Eingang in die südliche Friedhofmauer eingelassen wurde, zeugt aus jener Zeit. Der Text dieser Tafel stellt es dem Betrachter frei, über seine derzeitige Lebenslage nachzudenken. Folgender Text ist zu lesen: "Ihr, die ihr vorüber gehet, denkt, wie die Sach mit uns jetzt stehet. Wie wir jetzt seint, so werd ihr werden.Was ihr jetzt seint, warnd wir auf Erden." Soweit der eingemeißelte Text. Der weitere Text dieses Sinnspruchs lautet: "Gott ist wahrhaftig und ganz gerecht. Hier liegt der Herr und sein Knecht. Du weltweiser Mensch tritt herbey sag mir, wer Herr und Knecht nun sey."  Ob dieser restliche Teil des Textes absichtlich wegelassen wurde, ist unklar. Denn beim Eintritt in den  Friedhof wurde dem Besucher sehr wohl klar, wer auch an diesem Platz der Herr und wer der Kncht auf Erden war. Die herrschaftlichen Grabstellen waren in der Mitte des damaligen Friedhofs und in unmittelbarer Nähe zum Eingangstor platziert. Jeder, der den Ort betrat, musste zwangsläufig an den feudal ausgestattenen Grabmalen vorbeigehen.

1767 ist die erste Erweiterung des Friedhofs und zwar östlich in Richtung der Ortschaft erwähnt, während die zweite Erweiterung 1841 in westliche Richtung ging. Dass der äußere Zustand des Friedhofs nicht immer der beste war, lässt der Pfarrbericht von 1826 erkennen. Der damalige Pfarrer Palmer schrieb: "Wenigstens wurde die teilweise eingestürzte Mauer um den Kirchhof auf Kosten der Gemeinde ausgeführt und der Platz von der Gutsherrschaft (Albert von Hügel) gratis der Kirche vermacht."  Auch die zum Teil zerfallenen und verwitterten Grabmale gaben oft Anlass zur Kritik durch den Pfarrer. Allerdings konnten sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur die etwas wohlhabenden Bürger steinerne Grabmale leisten. Die Regel waren schlichte Holzkreuze. Insbesondere in den Notjahren ab 1810 bis 1825 war die Bevölkerung teilweise so verarmt, dass nicht einmal die Begräbniskosten beglichen werden konnten. Entweder mussten die Kosten von der (Kirchen-)gemeinde ganz übernommen werden oder wurden auf Jahre hinaus gestundet.

Bis 1887 lag die Baulast und die Verwaltung des Friedhofs bei der Kirchengemeinde und ging dann an die bürgerliche Gemeinde über. 1958 erstellte sie ein Leichenhaus zur Aufbahrung der Verstorbenen nach den Plänen des Weinsberger Architekten Erwin Leisterer - ein reines Zweckgebäude ohne baulichen Schmuck. Zuvor erfolgte die Aufbahrung mit allen hygienischen Problemen im Hause des Verstorbenen. Unter Begleitung des Leichenzugs trugen vier bis sechs Träger den Sarg auf ihren Schultern zum Friedhof. Eine Erleichterung brachte dann ab 1955 ein sog. "Sargwagen". Die Leichenhalle von 1958 erhielt auch eine sehr schlichte, aus Bronzeguss bestehende Gedenktafel für die Gefallenen der Weltkriege; 40 Gefallene aus den Kriegsjahren 1914 -1918 und 70 Gefallene im Zweiten Weltkrieg. Das bisherige aus Sandstein bestehende Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs am Zugang zum Friedhof wurde in diesem Zusammenhang abgerissen.

Im Jahr 1972 erweiterte die Gemeinde den Friedhof wesentlich. Die westliche Einfriedungsmauer wurde komplett abgetragen. Somit enstand ein harmonischer Übergang vom bestehenden zum neu angelegten Teil. Zwei Jahre später entstand  nach den Plänen des Ortsbaumeisters Horst Spahrt statt der bisherigen einfachen Leichenhalle (abgebrochen) eine schöne, zeitgemäße Aussegnungshalle mit einem großen wettergeschütztem Raum. Die kunstvoll aus Buntglas gestaltete Süd- und Nordwand geben der Aussegnungshalle einen würdigen Charakter. Die Gedenktafel für die Gefallenen der beiden Weltkriege wurde in den Innenraum eingefügt. Nachdem 1990 der Eschenauer Bürger Heinrich Noller der Evangelischen Wendelinskirche ein neues Geläut gestiftet hatte, erhielten die seitherigen Kirchenglocken südlich der Aussegnungshalle einen ehrenvollen Platz. Ermöglicht hatte dies eine Spende von drei Obersulmer Bürgern.

Heute bietet der Friedhof neben den traditionellen Reihen- und Wahlgräbern auch neue Bestattungsformen an. So finden Sie ein Urnenbestattungsfeld unter Bäumen genauso wie eine Urnenblumenwiese und Urnenstelen. Auch ein anonymes Grabfeld ist eingerichtet.

Kirche als Bestattungsort (siehe auch unter Ortsrundgänge "Evangelische Wendelinskirche")

Freiherren von Gemmingen

Es war ein Privileg, das es den Ortsherrschaften gestattete, im Innern der Kirche bestattet zu werden. So zeugen heute noch zwei kunstvoll aus Sandstein gehauene Epitaphe in der Wendelinskirche von deren Grablege. Ein Sohn des Kirchenstifters Pleikhard von Gemmingen, nämlich Johann Dietrich von Gemmingen (geb. 1566, gest. 1597), Ortsherr zu Eschenau und dessen Ehefrau Dorothea Agatha (geb....,gest.1601) wurden in der um 1590 neu erbauten Kirche vor dem Altar beigesetzt. Bei der Kirchenrenovierung 1885 wurden die beiden Grabmale an die rechte Seitenwand verbracht und dort befestigt.

Freiherren von Killinger (Gruft) 

Beim Neubau des Kirchenschiffs 1756 ließ der damalige Ortsherr Friedrich von Killinger unter dem Kirchturm eine eigene Familiengruft erbauen. Der Zugang führte vom Innenraum der Kirche über eine gut begehbare Steintreppe hinab zu einem mannshohen Gewölbe. Von diesem Zeitpunkt an wurden adelige Familienmitglieder vom Schloss bis zum Jahr 1787 nicht mehr auf dem Friedhof bestattet. Selbst zwei, einige Jahre zuvor verstorbene Vorfahren dieser Familie, wurden umgebettet und die sterblichen Überreste in diese neu errichtete Familiengruft verbracht. Doch bereits nach rund dreißig Jahren wurde die weitere Nutzung der Gruft aufgegeben. Der hohe Grundwasserstand hatte immer wieder zu Wassereinbrüchen geführt und es wurden letzlich keine geeigneten Baumaßnahmen dagegen gefunden. Bei der Kirchenrenovierung 1885 wurde der Zugang zur Gruft zugemauert. Bei der 2004 beginnenden weiteren Kirchenrenovierung wurde auch die Sakristei saniert und das Grundgemäuer trockengelegt. Die Gruft ist heute wieder zugänglich.

Alte Grabsteine und Grabmale der Schlossbesitzer an der Friedhofsmauer

Ausführliche Lebensbilder der auf dem Friedhof bestatteten Schlossbesitzer sind unter "Ortsrundgang Schloss Eschenau" zu finden.

Alte Grabsteine und Grabmale an der Friedhofmauer 

An der Innenseite der Friedhofsmauer, gleich beim alten Eingang, befinden sich einige alte Grabsteine und Grabmale.Teils sind sie stark verwittert und kaum oder gar nicht mehr lesbar, manche wiederum sind in einem guten Zustand.

Freiherren Moser von Filseck. 

Dieses Grabmal ist besondes beieindruckend. Es besteht aus drei rechteckigen Gedenktafeln umrahmt von zwei Buntsandsteinsäulen. Kunstvoll gestaltet schlingen sich Weinranken als Ornamentik um diese Säulen.

Auf der oberen Tafel ist die ursprüngliche Inschrift nicht mehr lesesbar. Nachfahren der weit verzweigten Famile Moser von Filseck haben nach 1936 als Erinnerung an den in Heilbronn bestatteten Landgerichtspräsidenten Ernst Moser von Filseck einen kurzen Text eingravieren lassen. Er lautet: Zum Gedenken Ernst Moser von Filseck 1873 - 1936.

Die Inschrift auf der mittleren Tafel lautet: Hier ruht der Leichnam der hochwohlgeborenen Louisa Gertrud Moser von Filseck, 1644 -1687. Zur Person: Louisa Gertud Moser von Filseck geb. Freiin von Blumenthal; geb. 4.Mai 1644, gest. 21. Februar 1687 in Eschenau im Alter von 43 Jahren. Verheiratet war sie seit 1661 mit Generalmajor Bernhard Friedrich Moser von Filseck. Das Ehepaar hatte vier KInder.

Die Inschrift der unteren Tafel ist unleserlich.

Freiherren von Ziegesar

Unmittelbar neben dem Moserschen Grabmal befinden sich zwei Grabmale der Famile von Ziegesar. Das rechte Grabmal von Sophia Magdalena Ziegesar geb. Moser von Filseck zeigt im oberen Bereich Ornamente und ein Engelsgesicht. Dieses wird von den beiden Familienwappen umrahmt. Das linkes Wappen der Famile von Ziegesar zeigt drei aufgerichtete Hanfstängelblätter und über dem Helm einen wachsenden Greif. Das rechte Wappen der Familie Moser von Filseck zeigt einen aufsteigenden Steinbock und über dem Helm ebenfalls einen Steinbock. Die Inschrift auf dem ovalen Mittelschild ist noch gut erhalten. Sie lautet: Die weiland Reichß Frey Hochwohl geborene Frau Sophia Magdalena geborene Moserin von Filseck Des Reichsfrey Hochwohlgeborenen Herrn Carl Sigmund von Ziegesar Herrn auf Eschenau gewesene herzliebste Frau Gemahlin ist zu Stuttgart geboren A.C. (Anno Christi) 1674  d. 26. August und in Eschenau A.C. 1713 4. Juny alters 38 Jahr und 3 Monat.  Darunter steht ein kurzer "Leichtext". Die Verstorbene war die Tochter von Generalmajor Bernhard Friedrich Moser von Filseck und war mit Carl Siegmund von Ziegesar verheiratet.

Beim linken Grabmal ist der obere Bereich ähnlich gestaltet; links das Wappen der Familie von Ziegesar (wie oben beschrieben) - rechts das  Wappen der niederbayrischen Linie der Familie von Cosel. Dieses zeigt im viergeteilten Schild u.a. die Utterschwalbe (auch Uttenschwalbe). Sie ist in der Heraldik ein nicht eindeutig bestimmtes Wappentier (schwarzer Vogel mit roten Beinen und Schnabel). Sie ähnelt einem Schwan oder Storch. Die Inschrift auf dem Grabmal ist teilweise nur sehr schwer lesbar. Sie lautet: Eleonora Charlotta auf Heisenberg geborene von Clossen / Ehefrau des Eberhard Friedrich Carl von Ziegesar / Die Frau Gemahlin war geboren 1697 4. August / gestorben in Eschenau 1726 / Ein Töchterlein geb. 1724 in Eschenau 16. Febuar / gestorben 1725 den 11. September.  Baroness von Clossen war 1698 geboren und seit 24. Februar 1718 mit Eberhard von Ziegesar verheiratet. Sie war die Schwiegertochter der auf dem rechten Grabmal genannten Sophia Magdalena von Ziegesar. Charlotta von Ziegesar verstarb am 25. August 1726 im Alter von 29 Jahren in Eschenau.

Familie Bubeck

An der Friedhofsmauer steht heute auch das schlichte Grabmal der Familie Bubeck. Es ist ein großer rechteckiger Sandsteinblock auf zwei Stützen. Auf der Vorderseite befinden sich drei Inschriften. In der Mitte: Erwin Bubeck/Hauptmann a.D/1865  - 1927/geb. 15. März in Hochdorf/OA Vaihingen/gest. 26. Februar 1927 in Eschenau.  Er erwarb das Schlossgut im Jahr 1904. Bekannt wurde Erwin Bubeck vor allem durch die Gründung des heute noch bestehenden Vereins "Naturschutzpark", den er als Vorstand bis zu seinem Tode leitete. Rechts: Bertha Bubeck/geb Panzer/ 1867 - 1936 / Panzer / geb. 8.März in / Makejenka Rußl./gest. 15. April Eschenau. Sie entstammte einer wohlhabenden weißrussischen Gutsbesitzersfamilie. Links: Heinrich Bubeck / Leutnant / 1894 - 1915 / geb. 2. Sept. in München / gefallen 26. Juli / Munkacs Galizien. Sein Leichnam wurde nach Eschenau überführt und hier auf dem Friedhof beigesetzt.

Die vier "Schlossgräber"

Näheres über das Leben der in den "Schlossgräbern" Bestatteten kann unter Ortsrundgänge "Schloss Eschenau" nachgelesen werden.

Auf dem ursprünglichen wesentlich größeren Grabfeld der Schlossbesitzer sind nach der Umgestaltung des Friedhofs noch vier Grabmale vorhanden. Zwei Schicksale von dort bestatten Frauen sind besonders berührend.

 Sophia Elisabetha (Üxküll), geborene Hardegg, (1. Grabstelle von rechts)

Ihr Grabmal aus Sandstein ähnelt einem großen Sarkophag. Auf der Vorderseite ist auf einer weißen Marmorplatte folgende Inschrift verewigt Seine Gattin / Sophia Elisabetha / geborene Hardegg / die den 11.Februar 1814 im 42. Jahr ihres Alters starb. / Carl Friedrich Emmich / Freyherr von Üxküll / Geh: Rath und Kammerh. /  Wir waren 20 Jahre vesprochen / lebten 3 1/2 Jahr in der Ehe  / Wir werden uns wiedersehen.

Sophia Elisabetha Üxküll wurde 1771 als Tochter des Bäckermeisters und herzoglichen Proviant-Lieferanten Hardegg in Ludwigsburg geboren. 1790 verlobte sie sich mit Freiherr Karl Friedrich Emich von Üxküll. Dessen Vater Friedrich Johann von Üxküll, seit 1806 Schlossherr in Eschenau, stand wegen ihrer bürgerlichen Abstammung bis zu seinem Tod 1810 dieser Heirat entgegen. Bereits sechs Monate nach dessen Tod heiratete das nun zwischenzeitlich 20 Jahre lang verlobte Paar. Der Verstorbene hatte allerdings "vorgesorgt", so erhielt der Eschenau Pfarrer eine Instruktion der königlichen Regierung von Württemberg. Auf folgende Punkte war strengstens zu achten: Bei einer Verehelichung durfte die Ehefrau keinesfalls das Adelsprädikat annehmen und das Wappen der Familie Üxküll führen. Selbiges gelte auch für aus der Ehe hervorgehende Nachkommen. Das Glück dieser Ehe war allerdings von kurzer Dauer. Schon nach dreieinhalb Jahren verstarb am 11. Februar 1814 die erst 43-jährige Sophia Üxküll.

Marianne Pirker, auch Marianne Pyrker oder Anna Maria Pyrker, (keine Grabstelle mehr vorhanden)

Geboren 27. Januar 1717 in der Gegend von Salzburg , gestorben 10. November 1782 in Eschenau.

Das leider nicht mehr vorhandene Grab von Marianne Pirker befand sich bis Anfang des 20.Jahrhunderts in der Reihe der herrschaftlichen Gräber und war mit einem eisernen Grabkreuz versehen. Die Österreicherin war eine geborene von Geyereck und mit dem österreichischen Violinisten Franz Josef Pirker verheiratet. Das Ehepaar hatte drei Töchter. Marianne Pirker war eine gefeierte Opernsängerin an den europäischen Hochadelshöfen. Wien, Venedig und Mailand waren einige ihrer Stationen, ehe sie an den englichen Königshof berufen wurde. Ihr Ehemann wurde dort erster Geiger und Kapellmeister. Christoph Willibald Gluck holte das Paar an den Hof nach Kopenhagen. Dort lernten sie den württembergischen Herzog Carl Eugen kennen. 1750 erhielt sie von ihm ein festes Engagegement als erste Solistin in der neu eingerichteten Oper im "Neuen Lusthaus" in Stuttgart und ihr Ehemann übernahm dort 1752 die Stelle des Kapellmeisters. Marianne Pirker wurde zu einer engen Vertrauten der Ehefrau Carl Eugens, der jungen Herzogin Friederike. Als es 1756 zu einer Krise innerhalb der herzoglichen Ehe kam, wurde Marianne Pirker vorgeworfen, der Herzogin von dem ausschweifenden Verhalten ihres Ehemann berichtet zu haben. Ohne Prozess ließ Carl Eugen das Ehepaar Pirker auf die Festung Hohenasperg bringen. Dort verbrachten sie acht Jahr in Einzelhaft. Für die vorher so gefeierte Primadonna begann eine furchtbare Zeit. Ein schneller gesundheitlicher Verfall ging einher mit dem Verlust ihrer einst so brillianten Singstimme. Trotz aller widriger Umstände entwickelte die an Leib und Seele Gebrochene in der Gefangenschaft eine äußerste Geschicklichkeit aus Trockenblumen und Gräsern wunderschöne Gebinde herzustellen. Eines dieser Strohblumengebinde soll den Weg an den Hof von Kaiserin Maria Theresia in Wien gefunden haben, die von ihrer Krönungsmesse zur Ungarischen Königin her die Sängerin gekannt haben soll. Auf jeden Fall führte erst das Gnadengesuch der Habsburger Kaiserin im Jahr 1764 zur Haftentlassung  des Ehepaars, für das allerdings strengste Auflagen galten. So mussten sie innerhalb von 24 Stunden das Herzogtum Württemberg verlassen. Eine Unterkunft fanden die Pirkers bei der aus den Stuttgarter Zeiten her befreundeten Familie des Freiherrn Georg Friedrich von Killinger. Teils lebten die Pirkers in der "Freien Reichstadt Heilbronn" in einem Haus von Anna Sophia von Killinger, der Ehefrau des Freiherrn (ihrem späteren Witwensitz), teils im Eschenauer Schloss. Eschenau gehörte zu dieser Zeit zum reichsunmittelbaren "Ritterkanton Kraichgau" und wurde erst 1805/1806 württembergisch. Durch liebevolle Pflege verbesserte sich der Gesundheitszustand von Marianne Pirker, aber als Sängerin konnte sie nicht mehr auftreten. Das Ehepaar Pirker verdiente zuletzt seinen Lebensunterhalt durch Musikunterricht. Marianne Pirker starb am 10. November 1782 in Eschenau und wurde hier auf dem Friedhof bestattet. In der Gedenkstätte auf dem "Hohen Asperg" ist ihr seit einigen Jahren eine kleine Ausstellung gewidmet. Der Schriftsteller Karl Müller veröffentlichte unter dem Pseudonym "Otfried Mylius" einen historischen Roman namens "Die Irre von Eschenau", der an Marianne Pirkers Schicksal angelehnt ist.

Freiherr Albert von Hügel, (2. Grabstelle von rechts) 

Die von einer niederen Sandsteinumrahmung eingefasste Grabplatte aus grauem Granit ist auf Grund der Verwitterung nur schwer lesbar.

Die Inschrift lautet: "Albert  von Hügel / königl. württem. Kammerherr u. Rittmeister / geboren 30. September 1803 / gestorben 31. Dezember 1865."

Albert von Hügel war Rittmeister und Kammerherr am Hofe bei König Wilhelm I. Durch seinen Vater Ernst von Hügel, der von dem früheren Schlossbesitzer August Heinrich Friedrich von Üxküll  als eine Art "Konkursverwalter" für das Schlossgut eingesetzt war, lernte er die Erbin Marie Elisabetha von Üxküll kennen und heiratete sie 1831. Sie führten ein sehr gastfreundliches Haus und pflegten engen Kontakt zu dem  Dichterkreis der "Schwäbischen Romantik" um den Weinsberger Arzt und Dichter Justinus Kerner. Eine "skandalöse" Beziehung  des Sohnes Theobald Kerner zu der Schlossherrin Marie von Hügel führte 1843 zur Scheidung des Ehepaars, das zwei Söhne und eine Tochter hatte. In den wirtschaftlich schweren Zeiten in der Mitte des 19. Jahrhunderts sorgte Albert von Hügel als "Standesherr" trotz Verlust seiner althergebrachten Privilegien sehr für die Ortsbevölkerung. Durch eine, heute würde man sagen "Arbeitsbeschaffungsmaßnahme", den Bau und die Urbarmachung des "Waldhofs" ab 1851 im Bereich des "Bunzichs", konnten sich die Bürger einen gewissen Lohn verdienen, um die gesetzlich festgelegten Abfindungszahlungen für die entfallenen herrschaftlichen Zehntrechte und Frondienste zu bezahlen. Am 31. Dezember 1865 verstarb Freiherr Albert von Hügel im Alter von 62 Jahren. Die Eschenauer trauerten um ihn. Das sonst übliche Neujahrsschießen unterblieb. Vier Wochen lang wurde nach der Beisetzung die Kirchturmglocke von 11 bis 12 Uhr  geläutet. Der Innenraum der Kirche war mit schwarzem Trauerflor versehen, wie es in früheren Zeiten beim Tode eines Ortsherren üblich gewesen war. (Näheres zu Person und Leben von Albert von Hügel siehe im Abschnitt "Das Rokokko-Schloss und seine Landes- und Standesherren"  zum Ortsrundgang "Schloss Eschenau".)

August Heinrich Friedrich von Üxküll - Gyllenband (3. Grabstelle von rechts)

Als Grabstein dient eine kunstvoll gestaltete gusseiserne Tafel, die auf einem flachliegenden Sandstein befestigt ist. Die Inschrift auf dem Grabmal ist ringsum von einer Weingirlande umrahmt. Sein Wappenschild im oberen Bereich der Tafel ist viergeteilt. Es  zeigt unter einer Krone  jeweils über Kreuz abgeteilt zwei "aufrecht schreitenden Löwen"  sowie  zwei "Kronen auf zwei Federn". In der Mitte ist ein zu vier Schleifen gebundes Band zu sehen (Güllenband = Goldenes Band). Die Inschrift auf der Grabplatte lautet: "Aug.Heinr.Friedr. / Freyherr / von Üxküll / Gyllenband / K.W. Geheimrat/ und Landvogt / des Stuttgarter Kreises / geb. d. 27. Aug. 1765  /  gest. d . 27. Oct. 1822 /  Diente dem Staate v. 1786 b. 1810".  Er war der jüngere Sohn von Friedrich Johann von Üxküll-Gyllenband, der 1806 das Schlossgut erworben hatte, aber bereits vier Jahre später verstarb. 1805/1806 wurde Eschenau in Folge der napoleonischen Kriege württembergisch. Aus den bisherigen "Orts-und Landesherren" wurden nun "Standesherren", deren seitherige Privilegien Zug um Zug verloren gingen. Nach dem Tod des Vates 1810 übernahm August von Üxküll den Eschenauer Besitz sowie weitere Güter in Baden. Aus der 1792 mit Freifrau Charlotte vonGemmingen- Gutenberg  geschlossenen Ehe gingen vier Kinder hervor. August von Üxküll starb 1822 im Alter von 57 Jahren. Wohl krankheitsbedingt verfasste er bereits ein Jahr zuvor sein Testament. In ihm wurde seiner Tochter Marie Elisabeth die Hälfte des Schlossguts Eschenau vermacht, das zu dieser Zeit allerdings schon stark verschuldet war. Von Üxküll setzte den "Königlich Württembergischen Kriegsminister Ernst von Hügel" zum  Vermögensverwalter für das Erbe der  minderjährigen Tochter Marie Elisabeth ein.  Sie war beim  Tod  des Vaters erst 11 Jahre alt war. Im Jahr 1831 heiratete sie Freiherr Albert von Hügel, den Sohn des  "Verwalters". (Näheres zur Familie von Üxküll-Gyllenband siehe im Abschnitt "Das Rokkoschloss und seine Landes- und Standesherren" zum Ortsrundgang "Schloss Eschenau").

Familien Albert Betz und Ernst Betz (4. Grabstelle von rechts)

Im Grabfeld befinden sich untereinander zwei schlichte, jeweils mit einem Sandsteinsockel umfasste Grabplatten.

Die Inschrift der oberen Grabplatte lautet: "HIER RUHEN /  Albert Betz / Schlossbesitzer Eschenau / geb. 27. August 1834  gest. 26. Mai 1913 /  Pauline Betz / geb. Bräuninger / geb. 16. Mai 1838 gest. 19. Jan. 1931 / Johanna Betz / geb. 19. Aug. 1864  gest. 13. April 1936 " (Johanna Betz war eine Tochter des Ehepars Albert und Pauline Betz).

Die Inschrift der unteren Grabplatte lautet: "Ernst Betz / * 21. Febr. 1870  + 22. Mai 1961 / Emma Betz / geb. Gärtner / * 23. Mai 1876 + 31. Dez. 1969".

Albert Betz

Im Jahr 1867 kauften Albert Betz und sein Bruder Louis Betz, beide aus Heilbronn, sowie August Krämer aus Bad Cannstatt das Schlossgut von den Erben des Freiherrn von Hügel. Bruder Louis und der Freund August Krämer stiegen schon nach kurzer Zeit aus dem Konsortium aus. Teile des Guts sowie das Schloss übernahm Albert Betz allein, wobei sich durch weitere Grundstücksverkäufe das Anwesen nochmals verkleinerte. Aufkommende Rebkrankheiten trugen mit dazu bei, dass eine gewinnbringende Bewirtschaftung nicht möglich wurde. Trotz aller Anstrengungen gelang es Albert Betz zusammen mit seinem Sohn Ernst, der zwischenzeitlich als Verwalter tätig war, nicht mehr das Schlossgut zu halten. Im Jahr 1904 wurde es an Ernst Bubeck verkauft.  Albert Betz starb 1913 in Eschenau und wurde im Grabfeld der "Schlossgräber" beigesetzt. (Näheres zu Albert Betz siehe im Abschnitt "Das Schloss im Privatbesitz"  zum Ortsrundgang "Schloss Eschenau") .

Ernst Betz

1870 geboren, besuchte er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Augustin die Lateinschule im damaligen Oberamt Weinsberg. Er absolvierte eine Ausbildung zum Gutsverwalter und führte das Schlossgut von 1895 bis 1904. Trotz neuer Ideen, wie z.B. dem Anbau von Hopfen auf rund 2 ha Fläche, gelang es trotz großer Anstrengungen nicht, das Schlossgut zu halten (siehe oben "Albert Betz"). An der damaligen Straße nach Weiler stand die 1702 unter Carl Siegmund von Ziegesar erbaute Mahlmühle, die allerdings schon 1710 privatisiert und durch eine Sägemühle ergänzt worden war. Die zur Mühle gehörende Landwirtschaft bestand zum größten Teil aus Weinbergen. 1905 erwarb Ernst Betz diese Mühle mit ihrem Grundbesitz. Im Jahr 1928 setzte Ernst Betz eine neue Geschäftsidee in die Tat um. Er ließ eines der ersten öffentlichen Freibäder im Weinsberger Tal bauen, wobei ihm die hohe Arbeitslosenzahl und die geringe Arbeislöhne in dieser Zeit zu statten kamen. Vom Mühlenbetrieb besaß er ein Wasserrecht. So konnte von dem oberhalb des Bades vorbeilaufenden Mühlkanal das neu erbaute Bad befüllt werden. Viele Eschenauer und Kinder aus der näheren Umgebung lernten dort schwimmen. Die Ehefrau Emma Betz kassierte den Eintritt. Der Eintrittspreis betrug Ende der 50-er Jahre des letzten Jahrhunderts für  Kinder 10 Pfennige und Erwachsene 20 Pfennige. Es versteht sich wohl von selbst, dass dabei keine Reichtümmer gewonnen werden konnten. Ältere Eschenauer Einwohner erinnern sich noch an Emma Betz und schildern sie als "Dame" im sonst sehr ländlichen Dorf. 1962 wurde der Badebetrieb aus hygienischen Gründen eingestellt.


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