Eigenen Rundgang planen
Mit unserem Planungs-Tool können Sie Ihren eigenen Rundgang durch Eschenau per Google Maps planen und somit Route und Dauer per Auto, Fahrrad oder zu Fuß berechnen.
Kirchgasse 4, Obersulm-Eschenau
Bis ins 20. Jahrhundert unterschied man zwischen Schildwirtschaften und Gassenwirtschaften.
Schon in biblischen Zeiten ist von Herbergen die Rede, in denen man in einem Zimmer übernachten konnte und mit Speis und Trank vesorgt wurde. Seit dem Mittelalter war dies nur in konzessionierten Schildwirtschaften erlaubt, nur sie durften Gäste beherbergen. Das Schild war dabei ein Zeichen für die Gewährleistung von Schutz und Ruhe; oft war es der christlichen Symbolik entnommen. Der "Ochse/Stier" steht dabei für den Evangelisten Lukas; der "Adler" für den Evangelisten Matthäus. Bei den Schildern handelte es sich meist um kunstvolle Schmiedearbeiten, leider wurden die meisten ab den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts achtlos entfernt und durch nichtssagende, billige Leuchtreklame ersetzt. Ein schönes Wirtshausschild ist noch in Willsbach am Gasthaus "Rössle" zu sehen. Die Schildwirtschaften waren in der Regel im Ort schon allein an der baulichen Größe zu erkennen. Erd- und Obergeschoss waren meist in massiver Bauweise ausgeführt und in den geräumigen Gewölbekellern war genügend Platz für die Weinfässer (später auch Bierfässer) und für Lebensmittel. Die Gästezimmer waren im Obergeschoss untergebracht. Um eine Schildwirtschaft genehmigt zu erhalten, mussten Beherbergungsmöglichkeiten für mindestens vier Personen zur Verfügung stehen. Die sog. "Schild/Schankgerechtigkeit" ruhte als "dingliches" Recht auf dem Gebäude. Bei einem Gebäudeverkauf konnte deshalb in der Regel vom einem neuen Eigentümer der Wirtschaftsbetrieb ohne Einschränkungen weitergeführt werden. Zu einer Schildwirtschaft gehörte selbstverständlich auch eine Scheune mit Stallung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lassen sich im Ort fünf Schildwirtschaften nachweisen: "Ochsen", "Schwanen", "Rose", "Krone" und "Adler".
Neben den Schildwirtschaften bestanden in Eschenau in früheren Zeiten auch einige Gassenwirtschaften. Die meisten hatten nur zeitweise geöffnet. In der Regel schenkten sie nur selbsterzeugten Wein oder Most aus und duften einfache Speisen (Vesper) reichen. Sie hatten also mit unseren heutigen Besenwirtschaften durchaus Ähnlichkeit. Bereits 1762 wird Georg Wagner als Gassenwirt genannt, er betrieb noch einen Krämerladen. Allein vom Umsatz einer Gassenwirtschaft konnte niemand leben. Oft war der Haupterwerb eine kleine Landwirtschaft. Häufig betrieben auch Bäcker und Krämer nebenbei eine Gassenwirtschaft. Zwar durften sie nicht mit einem Schild werben, manche hatten aber trotzdem einen Wirtschaftsnamen wie z.B. das frühere "Rößle" in der Schlossstraße oder das "Lämmle" in de Bahnhofstraße. Im 19. Jahrhundert soll es zeitweilig 11 Wirtschaften am Ort gegeben haben. Selbst in dem Weiler Wieslensdorf lassen sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts verschiedene Gassenwirte nachweisen, wobei sicherlich die Wohnstube als Wirtschaftsraum diente. Für Gastwirte und Gäste galt bis 1806 die von der Ortsherrschaft erlassene "Dorfordnung" mit genauen Verhaltensregeln. Manch ein Zecher oder nächtlicher Randalierer fand sich am anderen Morgen im "Aloisle" im Rathaus zu Ausnüchterung wieder und wurde anschließend vom Schultheißen oder Amtmann zu einer Geldstrafe verurteilt. Aber auch manche Wirte ereilte eine Strafe. So wurde 1762 der Gassenwirt Hansjörg Siegele in Wieslensdorf bestraft, weil er am Pfingstmontag ohne Erlaubnis württembergischen Soldaten das Tanzen gestattet hatte. Ein seit 2020 ebenfalls geschlossenes Lokal, das aus einer Gassenwirtschaft hervorgegangene war, ist das "Bürgerstüble" (Schäfersbäck). Von einem der früheren Eigentümer, Gottlob Klöpfer - Bäcker und Wirt, findet sich in den Archivakten ein Gesuch von 1911, einen "Morgenschnaps" ausschenken zu dürfen. Diese Anfrage wurde umgehend abgelehnt mit der Begründung, dass die "Unsitte des Morgenschnapses" unterbunden werden müsse.
Das Gebäude
Das 1683, knapp vierzig Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs urkundlich nachgewiesene Gasthaus "Ochsen", stammt in seiner Urform aus dem 16. Jahrhundert, wie Nachforschungen an der Baustubstanz des Gebäudes gezeigt haben. Unter dem Anwalt und Ochsenwirt I.C. Schumm, der auch als Schultheiß bis 1800 die Geschicke von Eschenau leitete, wurde das Gebäude grundlegend umgebaut und erweitert. So wurde u.a. der westliche Giebel sowie das untere Stockwerk der Vorderfront erneuert. Dabei wurden die neuen Fensterleibungen und der prächtige, fast herrschaftlich anmutende Eingangsbereich im Barockstil ausgeführt. Das Ober- und Untergeschoss wurde durch ein behauenes Sandsteingesims getrennt. Das im oberen Stockwerk vorhandene Fachwerk erhielt einen Verputz. Zudem wurde das Gebäude um ca. sechs Meter in östlicher Richtung erweitert. Die Initialen des Bauherrn, das Baujahr 1788 sowie die Darstellung eines Schlachterbeils sind auf dem Kopfstein über dem Eingang sichtbar. Das Schlachterbeil weist auf den eigentlichen Beruf des Ochsenwirts hin, da sich ja in dem Gebäude außer der Wirtschaft auch eine Metzgerei befand. In den 20-er Jahren des letzten Jahrhunderts kam zusätzlich zum Wirtschaftsbetrieb eine Küferwerkstatt mit einer Schnapsbrennerei hinzu. Sie wurden in der früheren Stallung eingerichtet. Nach gründlichen und umfangreichen sowie fachlich vom Landesdenkmalamt begleiteten Renovierungs- und Umbauarbeiten sind heute im gesamten Gebäude Wohnungen eingerichtet.
Die Eigentümer und der Wirtschaftsbetrieb
Der Metzger Hansjörg Schwenzer wird als erster in den Archivalien als "Ochsenwirt" erwähnt, von dessen Nachkommen die Wirtschaft später weiter betrieben wurde. Von 1741 bis mindestens 1800 vererbte sich das Anwesen innerhalb einer Familie Schumm. Mit Georg Schumm und dem oben bereits als Bauherr genannten I.C. Stumm stellte diese Familie auch zwei Schultheißen. Im 19. Jahrhundert erlebte der "Ochsen" einen häufigen Besitzerwechsel. Um 1900 erwarb der jüdische Viehhändler Hermann Berliner einen Hausanteil mit der Wirtschaft. Die Metzgerei wurde nicht weiterbetrieben , wohl auch deshalb, weil im damals unmittelbar benachbarten Gasthaus "Schwanen" der neue Eigentümer Wilhelm Schöffler anstelle einer Bäckerei wieder eine Metzgerei eingerichtet hatte. 1928 erwarb Wilhelm Häberle den Hausanteil mit Wirtschaft von Hermann Berliner. Die Familie Häberle/Koppenhöfer betrieb dann den "Ochsen" fast 70 Jahre lang, teilweise zusätzlich mit einer Küferei und Schnapsbrennerei. Nachdem 1959 von Wilhelm Laukhuf der andere Hausanteil erworben werden konnte, waren sie Alleineigentümer des Gebäudes. 1996/97 wurde der Gaststättenbetrieb in Eschenau eingestellt.