Eigenen Rundgang planen
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Hauptstraße 3, Obersulm-Sülzbach
Viele Metzger oder Bäcker, aber auch Landwirte, führten Gastwirtschaften (Schildwirtschaften) im Nebenerwerb, weil sie auf Zusatzeinkommen angewiesen waren, so auch Gustav Wolff. Das „Lamm“ war neben den Gasthäusern „Adler, Ochsen, Löwen“ eines von mehreren, in dem damals noch recht kleinen Sülzbach, welches seinerzeit etwa 470 Einwohner hatte. „Schildwirtschaften“ waren konzessioniert und mussten häufig auch Abgaben an die Gemeinde bezahlen. Nur sie durften ein Gasthauschild führen und unterschieden sich damit auch von Gassen- oder Schankwirtschaften.
Viele Gasthäuser und Beherbergungsbetriebe führten im Schild, zumindest indirekt auch christliche Symbole, nach denen auch die Gasthäuser benannt waren. So ist bspw. der Stier/Ochse das Symbol des Evangelisten Lukas oder der Adler das des Evangelisten Matthäus.
Vorbesitzer des Gebäudes waren laut Gebäudebeschreibung im Gebäudekataster bzw. Brandkataster 1824 Gottfried Weik, dessen Ehefrau wohl das Gebäude mit in die Ehe brachte. In der Gebäudebeschreibung ist schon damals von einem 2-stoketem Haus, nebst Scheuern und einem Platz zu Thunglege (Dunglege) die Rede. Demzufolge ist von einem landwirtschaftlichen Betrieb auszugehen. 1833 wurde als Besitzer der Wagner David Dolch eingetragen. In der Gebäudebeschreibung ist ausgeführt, "ein 2-stoketes Haus, darunter eine Waschküche und eine Stallung beim Haus. 1842 erwirbt Schullehrer Wilhelm Durst das Anwesen. Im Zeitraum 1861/1862 erwirbt Friedrich Wolff, Metzger das Gebäude. Die ehemalige Waschküche wird fortan als Metzgerei genutzt.
1936 erwarb die Gemeinde das Gebäude von Gustav Wolff und nutzte es als Rathaus, da das alte Rathaus bei der Kirche, nunmehr in Gänze als Schule gebraucht wurde.
Während im ersten und zweiten Stockwerk die über eine steile Treppe erreichbaren Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung nebst Sitzungssaal untergebracht waren, wurden die unteren Räume der ehemaligen Metzgerei fortan als Milchhäusle genutzt. Dort lieferten die Bauern ihre Milch zur Abholung durch die Milchverwertungsgenossenschaft ab. Möglich war auch, dass die Einwohner dort selbst die Milch für den Eigenverbrauch kaufen konnten. So war das Milchhäusle oft auch abendlicher Treffpunkt zum Reden und Tratschen und auch die ein oder andere Ehe soll dort ihren Ursprung genommen haben. Das Milchhäusle wurde 1961 in das an die Milchverwertungsgenossenschaft verkaufte ehemalige Backhaus verlegt.
Die Funktion des Bürgermeisters von Sülzbach übte vom 13.4.1934 bis Mai 1945 zugleich der Willsbacher BM Gustav Herrmann aus, welcher vom nationalsozialistischen Regime eingesetzt worden war. Oft war er auf dem Sülbacher Rathaus wohl nicht zugegen, da er das Postamt Heilbronn gebeten hatte, eingehende Post für das Bürgermeisteramt Sülzbach direkt in Willsbach zuzustellen. Es mag sicherlich Gründe gegeben haben, dass Hermann nicht wollte, das bestimmte Post auf dem Sülzbacher Rathaus gelesen wurde.
Ab dem 23.Juli 1946 versah Paul Schick das Amt des Bürgermeisters. Sülzbach hatte zu dem Zeitpunkt 677 Einwohner. Schick war im Hauptberuf Landwirt. Für die Funktion des Bürgermeisters hat ihm der Gemeinderat ein jährliches Gehalt von 2.760 Reichsmark zugebilligt. Allerdings wurde dies vom Innenministerium nicht genehmigt und sein Gehalt wurde auf 2.100 Reichsmark reduziert.
Bestimmendes Thema der Ratssitzungen in der Nachkriegszeit war die Flüchtlingsunterbringung. Es galt aber auch die Infrastruktur, wie zum Beispiel die Straßenbeleuchtung, wieder in Ordnung zu bringen. Ein „Arrestlokal“ musste auf Anordnung der Staatsanwaltschaft im Erdgeschoss des Rathauses eingerichtet werden. Aufgrund von Dürrejahren wurden beispielsweise auch die Brunnen im „Schneckenrain“ und in den „Stickelwiesen“ wieder in Betrieb genommen, um die Bevölkerung mit Kochwasser zu versorgen.
1949 wurden am Rathaus dringend erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt, da wohl vieles dem Verfall nahe war. Zu der Zeit war es noch üblich, dass die Straßenbeleuchtung noch händisch abgeschaltet wurde. Weil dem Amtsdiener auf Dauer jedoch nicht zuzumuten war, täglich wach zu blieben, bis es an der Zeit war die Beleuchtung abzuschalten, wurde in den 1950er Jahren eine Zeitschaltuhr angeschafft.
Eine öffentliche Fernsprechstelle gab es nur im Gasthaus “Ochsen“, wofür der Betreiber eine Entschädigung durch die Gemeinde bekam.
Nach dem Tod von Paul Schick wurde Günter Sauer zu seinem Nachfolger gewählt. Er war der erste Verwaltungsfachmann auf diesem Posten in Sülzbach und trat seinen Dienst am 1.Februar 1961 an. Sein Gehalt betrug monatlich 924,48 DM. Sauer blieb jedoch nur wenige Jahre. Als er ankündigte seine Tätigkeit zum 31.März 1964 zu beenden, musste ein neuer Bürgermeister gewählt werden.
Diese Wahl gewann Rudolf Abt aus Talheim. Er trat seinen Dienst am 1.April 1964 an.
Die Amtseinsetzung fand in der Holzbaracke des Musikvereins Sülzbach statt.
Interessant ist, dass der Gemeinderat einem Mitbewerber aus Herrenchiemsee die Reisekosten zur Kandidatenvorstellung bezahlte.
Rudolf Abt blieb 10 Jahre lang Bürgermeister bis zur Eingemeindung Sülzbachs in die Gemeinde Obersulm auf 1.1.1975. Von 1975 bis 1984 war er hauptamtlicher Ortsvorsteher und führte anschließend noch einige Jahre die Geschäfte der beiden Verbände „Sulmwasserversorgungsgruppe“ und „Abwasserzweckverband“.
Letzte „Herrin“ im alten Rathaus war die ehrenamtliche Ortsvorsteherin Renate Gaul.
Der 1989 gewählte ehrenamtliche Ortsvorsteher Reinhold Gall bezog für 22 Jahre die Räumlichkeiten der neuen Ortschaftsverwaltung im Gebäude Hauptstraße 2 auf der gegenüberliegenden Straßenseite, bis zu seinem Ausscheiden aufgrund seiner Wahl zum Innenminister des Landes Baden-Württemberg im Jahre 2011.
Im Rahmen der Ortskernsanierung wurde nicht nur das alte Rathaus, sondern auch das angrenzende landwirtschaftliche Anwesen Wilhelm Riedel mit Haus, Stallung und Scheune sowie weitere Nachbargebäude abgerissen. Die Landwirtsfamilie Riedel siedelte 1990 in die „Mergeläcker“ Richtung Wimmental aus. Damit war der letzte landwirtschaftliche Betrieb mit Stallung im Ortskern Geschichte. 2004 gab die bereits früher ausgesiedelte Familie Siller ihre Milchtierhaltung auf und beendete damit die Großviehhaltung am Ort. Der 1987 ausgesiedelte Schweinemastbetrieb der Familie Fuchs hatte schon 2002 seinen Betrieb aufgegeben.
Bei der Neubebauung an dieser Stelle wurde versucht, zumindest die Grundstellung der alten fränkischen Hofanlage abzubilden. (Fränkische Hofanlage: Dreiseitenhof -stattliches Herrenhaus, mit Stallungen, Scheune und Nebengebäuden, meist in der Nähe der Kirche, mit drei bebauten Hofseiten). Die neuen Gebäude enthalten Geschäftsräume für die Volksbank, Büros aber hauptsächlich Wohnungen.