Sehenswertes in Weiler

Evangelische Kirche Weiler

Heilbronner Straße 20, Obersulm-Weiler

Die Kirche wird urkundlich erstmals 1399 als zum Schloss gehörende Kapelle erwähnt. Dietrich von Weiler aus der ortansässigen Adelsfamilie hatte sie für die Bewohner Weilers und Eichelbergs erbauen lassen. Geweiht wurde sie „Unserer lieben Frau in Weiler“. Bis 1478 war die Kirche der Pfarrei Sülzbach, dann Löwenstein als Filiale zugeordnet. 1480 wurde die Pfarrei Weiler eigenständig. Das blieb sie bis 1919. Erst dann bildete sie mit  Affaltrach eine Doppelgemeinde, der 1984 die Dreifachgemeinde Weiler-Affaltrach-Eichelberg folgte. Die selbständige Kirchengemeinde Weiler-Eichelberg besteht seit der Abtrennung Affaltrachs 1988.

Das Recht, Pfarrer zu bestellen (Patronatsrecht) lag bis 1906 bei den Herren von Weiler. 1530 nahm Rolf von Weiler den reformatorischen Glauben an, dem auch die Bewohner des Ortes folgten. 1758 wurde der auf einem steinernen Grundstock gebaute Holzbau gründlich renoviert und erweitert. Auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Baumaßnahmen zur Erweiterung durchgeführt. Weitere Renovierungsmaßnahmen, die aufgrund der Feuchtigkeit im Mauerwerk immer aufwendiger und kostspieliger wurden, führten schließlich dazu, dass die Kirche gut 100 Jahre später bis auf den Turm komplett abgerissen wurde. In diesem befindet sich heute noch eine Glocke aus dem Jahr 1479 auf einem denkmalgeschützten Glockenstuhl. 1931 konnte der Neubau feierlich eingeweiht werden. Weitere Renovierungsschritte machten die Kirche zu einem nicht zu übersehenden Kleinod in der Mitte des Dorfes. Sie ist täglich geöffnet und lädt zur inneren Einkehr ein.

Das Kirchengebäude - von Renovierungsmaßnahmen, Neubau und "geplatzten Träumen"

Das ursprüngliche Kirchengebäude aus dem Jahre 1399 war bis auf einen Steinunterbau aus Holz gebaut. Der Turm, in den auch ein Chorraum integriert war, stand an der gleichen Stelle wie heute.

Nach mehreren kleineren Renovierungen und einer grundlegenden im Jahre 1758 wurde der Bau zu Beginn des 19. Jahrhunderts nochmals renoviert und erweitert. Einzelheiten der Veränderungen sind nicht dokumentiert. Es steht jedoch zu vermuten, dass das Kirchenschiff nach oben erweitert wurde, um Raum für eine Empore zu schaffen. Auch ein Anbau an der Ostwand mit eigenem Zu- bzw. Ausgang wurde errichtet (heutige Sakristei). In diesem wurden Kirchenstühle für „Fremde“ aufgestellt. Saßen hier vielleicht auswärtige Viehhändler? Immerhin wurde dieser Anbau zu dieser Zeit etwas verächtlich „Ochsenhandel“ genannt. In einem weiteren Anbau an der Südseite der Kirche befand sich die Weiler'sche Familiengruft. An der äußeren Kirchenwand waren lebensgroße Grabdenkmäler von Dietrich von Weiler (gestorben 1602), dem Erbauer des heutigen Schlosses Weiler, und dessen Gemahlin Veronika (gestorben 1615) angebracht.

Die Turmuhr war zu dieser Zeit wohl die einzige Uhr am Ort, an der sich das ganze Dorf orientieren konnte. Ein Pfarrbericht aus dem Jahr 1808 beklagte allerdings deren Ungenauigkeit, so dass „der Schulmeister nicht selten in einem Tag diese 5-6mal zu richten und die Kinder während des Unterrichts eine Viertelstunde zu verlassen hatte.“ Auch erregte sie die „Unzufriedenheit der Herrschaft, da die Frohnzeit nach gewissen Stunden bestimmt war.“

Bis 1930 befand sich an der westlichen Seite eine doppelseitige Treppe, über die man auf die Empore gelangte. Der hintere Teil dieser Empore war zur Hälfte mit einer geschlossenen Loge den Schlossherren von Weiler vorbehalten (Herren- oder Herrschaftsstand). Die andere Hälfte war Teil der Männerempore, die der ganzen Südseite entlang bis zum Chorbogen vorne reichte. Hinter diesem Chorbogen befand sich der Chorraum mit einer Orgelempore, unter der man durch einen weiteren, niedereren Bogen in den Anbau gelangte. Der Chorraum selbst lag im unteren Teil des Turmes. Eine einfache Holzdecke trennte ihn vom restlichen Turm. Eine kleine Sakristei war an der südlichen Seite des Turmes angebaut. Sie besaß einen eigenen Ausgang Richtung Pfarrhaus, das sich hinter der Kirche befand.

Die Lage der Kirche am tiefsten Punkt des Ortes, nahe des Schlierbachs, führte dazu, dass das Mauerwerk ständig starker Grundfeuchtigkeit ausgesetzt war. Erforderliche Renovierungsmaßnahmen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwiesen sich als recht kostspielig und wurden aus diesem Grund immer wieder hinausgeschoben. Es gab auch Überlegungen, eine neue Kirche an einer trockeneren Lage des Ortes zu erbauen. Dabei dachte man auch daran, eine größere, gemeinschaftliche Kirche für die drei nahe beieinander liegenden Orte Weiler, Eichelberg und Reisach zu erbauen. Für dieses Vorhaben wurde 1912 bereits ein Grundstück am Ortsausgang Richtung Eichelberg von Kaufmann Schober erworben. Auch Freiherr von Weiler war bereit, eine Weinbaufläche oberhalb dieses Grundstücks an die Kirchengemeinde zu verkaufen. Eine Landeskirchenkollekte und eine eigens dafür eingerichtete Lotterie sollten das Projekt mitfinanzieren. Doch Krieg und Inflation ließen den Traum des Kirchenneubaus platzen. Die Lotterie wurde zwar 1919 noch mit einem Erlös von 18.000 Mark durchgeführt, aber das gesamte Baukapital von 40.000 Mark fiel der Inflation zum Opfer.

Das Problem der Feuchtigkeit stellte sich weiter, so dass eine Renovierung immer noch dringend geboten war. 1929 wurden die Kosten für die erforderlichen Maßnahmen ermittelt. Sie lagen fast so hoch wie ein kompletter Neubau. So entschied man sich dafür. Die finanziellen Mittel fanden sich, indem man eine Haussammlung organisierte und sich die bürgerlichen Gemeinden Weiler und Eichelberg an den Kosten beteiligten. Schließlich konnte noch das Pfarrhaus mit Scheuer und Hausgarten an den Weilermer Straßenwart Johann Kübler verkauft werden. So stand dem Vorhaben nichts mehr im Wege. Im Sommer des Jahres 1930 wurde das alte Kirchenschiff bis auf den Turm abgerissen, um einem neuen, nach den Plänen des Architekten Weigle aus Stuttgart Platz zu machen. Während der einjährigen Bauzeit fanden die Gottesdienste in der nahe gelegenen Schule statt. Die Steine des alten Baus wurden zum Teil geputzt und wieder verwendet. Auch die noch brauchbaren Eichenbalken des Dachstuhls fanden neue Verwendung, nachdem sie im Sägewerk von Alfred Bayer gerichtet worden waren. Die verbliebenen Balken nahm Zimmermeister Paul Schweikert aus Weiler in Zahlung, der den Abriss und Aufbau des Dachstuhls mit seinem Gesellen Emil Enssle und einigen Helfern vorgenommen hatte. Die Grab-, Beton-, Maurer- und Dachdeckerarbeiten übernahm Johann Weber aus Weiler. Den beiden Schmieden Ruß und Kübler wurden die Schmiedearbeiten übertragen. Paul Badtmann übernahm die Glaserarbeiten, die Löwensteiner Firmen Kley, Euting und Deuber die Schreinerarbeiten (Bänke, Türen und Empore). „Die Weilermer Handwerker waren froh, dass die Kirche neu gebaut wurde, denn es war eine schwere Zeit und die Leute hatten kein Geschäft“, erinnerte sich 1981 Heinrich Donner, einer der beteiligten Helfer. Dessen Tageslohn betrug bei 12-stündiger Arbeit 2,80 RM.

Am 16. August 1931 fand die feierliche Einweihung der neuen Kirche statt. Im Festumzug von der Schule zur Kirche fanden sich der Prälat von Heilbronn, Ortsgeistliche sowie Gemeinde- und Kirchengemeinderäte, ferner der Posaunenchor Weinsberg, der Kirchenchor Affaltrach, die Handwerker, sowie „Schuljugend“ und Einwohner der Gemeinde. Eine Festordnung legte die genaue Reihenfolge der Teilnehmenden fest. So sollten sich zum Beispiel bei den Einwohnern zuerst die Männer, dann die Frauen und schließlich die Auswärtigen aufstellen. Letztere wurden gebeten, „den Einheimischen den Vortritt in die Kirche zu lassen.“

1960 brachte man eine neue Turmuhr an. Die von der Firma Pierrot aus Calw gelieferte Uhr ersetzte die Vorgängeruhr aus dem 19. Jahrhundert (s.o.). 1977 wurden deren Zifferblatt neu gestrichen und die Zeiger vergoldet. Auf der Spitze des Turms, der „wie ein Bruder des Schlossturms“ aussieht, befindet sich sowohl ein Hahn als auch ein Kreuz als „Zeichen der Ökumene und des Miteinanders“.

Zum 50-jährigen Jubiläum des Neubaus führte man 1981 eine kleinere Außenrenovierung durch. Dieser folgte 1990 eine größere Innenrenovierung. Dabei wurden die Kirchenbänke von 1931 ersetzt und der komplette Fußboden durch einheitliche Ziegelfliesen erneuert.

Risse im Gemäuer machten 2008/09 eine komplette Außenrenovierung erforderlich. Der Putz wurde dabei mit den gleichen Bewegungen aufgetragen wie der vorhergehende und so dessen besondere Gestaltung beibehalten. Auch das Dach erhielt neue Ziegel. Am 1. August 2009 wurden die abgeschlossenen Arbeiten mit einem Backhausfest, Renovierungsführungen mit Architekt Ruppert und Kirchturmbesteigungen gebührend gefeiert.

2021 wurde die Firma Haaf aus Wüstenrot beauftragt, einen kompletten Innenanstrich, inklusive der Türen vorzunehmen.

Die Glocken – von historischen Werten, Funktionen und „Läutebuben“

Die Kirche besitzt vier Glocken. Eine aus dem Jahr 1487 stammende Glocke wurde allerdings so gut wie außer Betrieb gesetzt, da ihr Ton nicht „so recht mit den anderen, in den 50er Jahren eingebauten Glocken harmonieren wollte“. Bei besonderen Anlässen kann sie noch mit einem Glockenseil von Hand geläutet werden. Ihr Glockenstuhl ist denkmalgeschützt.

Die größte der drei Glocken ist die sogenannte „Betglocke“. Sie wurde 1955 von der Gießerei Bachert in Heilbronn gegossen, wiegt 310 kg und hat die Stimmung „c“. Ihrer Bestimmung gemäß soll sie zum Morgen- Mittag- und Abendgebet aufrufen, d.h. um 8, 12 und 18 bzw. 19 Uhr. Ihre Inschrift lautet: „Er ist unser Friede“.  In diesem Sinne „ruft sie zum Frieden in Kirche und Land auf“, so eine Notiz im Amtsblatt der Gemeinde.

Die zweite und zugleich älteste Glocke stammt aus dem Jahr 1479. Sie wurde von dem Glockengießer Joos gegossen und ist auf den Ton „d“ gestimmt. Ihr Gewicht beträgt 220 kg. Die Aufschrift „Hilf Maria“ verweist auf die Schutzpatronin der Kirche, weshalb man sie auch als Marienglocke bezeichnet. In ihrer Funktion als „Kreuz- und Schiedglocke“ soll sie an das Kreuz Christi erinnern und Beerdigungen bzw. die Überführung von Verstorbenen begleiten. Als Kreuzglocke müsste sie dreimal am Tag erklingen: um 9 Uhr (Stunde der Kreuzigung Jesu), 11 Uhr (Stunde der hereinbrechenden Finsternis) und um 15 Uhr (Todesstunde). In Weiler wird allerdings nur eine Glocke um 11 Uhr geläutet, und zwar nicht die Kreuz-, sondern aus technischen Gründen die Betglocke.

Die kleinste Glocke ist die sogenannte „Taufglocke“. Sie kommt während des Taufgottesdienstes zum Einsatz. Gegossen wurde sie 1959 ebenfalls von der Firma Bachert, Heilbronn. Sie wiegt 150 kg und hat die Stimmung „e“. Den Grundstock ihrer Finanzierung bildete der Überschuss einer Sammlung, die bereits zur Anschaffung der großen Betglocke durchgeführt worden war. Haussammlungen und Gemeindeveranstaltungen erbrachten damals 3500 DM, 200 DM mehr als für die Betglocke gebraucht wurden.

Die Anschaffung der beiden Glocken 1955 und 1959 war notwendig geworden, nachdem eine der drei ursprünglichen Glocken 1942 im Zuge des Zweiten Weltkrieges abgegeben werden musste. Für die neuen Glocken musste ein neuer, vierter Glockenstuhl angeschafft werden, da die alten Stühle unter Denkmalschutz standen. Zur Einweihung der neuen Glocken an Weihnachten 1959 „erklang erstmals der schöne Dreiklang c, d, e“.  Dieser ertönt von da an immer, wenn zu den Gottesdiensten alle drei Glocken zusammen geläutet werden.

1931 verzichtete man beim Bau der neuen Kirche aus Kostengründen auf eine elektrische Läuteanlage. Aus dem gleichen Grund sprach sich auch 1946 der Kirchengemeinderat gegen die Elektrifizierung der Glockenanlage aus. „Bei unseren leeren Kassen, die nun ganz allmählich wieder aufgefüllt werden müssen, wären diese Anschaffungen ganz ungerechtfertigt. Im Übrigen schadet es unseren Schulbuben gar nichts, wenn sie weiter diesen Läutedienst tun“, so die Begründung des Kirchengemeinderats. Die „Läutebuben“ selbst hatten sicher nichts gegen diese Entscheidung, durften sie für ihren Läutedienst doch dem Schulunterricht fernbleiben. So hielt man an der jahrhundertealten Tradition der „Läutebuben“ fest, die die Glocken bis 1968 von Hand läuteten. Dazu mussten sie an den Glockenseilen ziehen, die sich in der alten Kirche direkt hinter dem Altar und in der neuen im Stockwerk des Turmes befanden.

Der Innenraum – von schlichten Elementen, historischen Orgeln und einem „aufschlussreichen Bild“

Chorraum vor der Renovierung
Chorraum vor der Renovierung

Der Innenraum der Kirche besticht durch seine Schlichtheit und klare Sachlichkeit. Beim Blick in den Chorraum fällt das Ensemble aus den drei Elementen Altar, Kanzel und Tauf“stein“, auf. Alle drei sind aus Eichenholz gefertigt.

Der von den Architekten Klatte und Weigle entworfene Altar löste 1931 den steinernen Vorgängeraltar ab. Die Anfertigung aus Holz entsprach mehr der eigentlichen Bedeutung des Altars als Abendmahltisch. Auf dem Altar liegt, wie in evangelischen Kirchen üblich, die Altarbibel. Aus ihr wird in jedem Gottesdienst gelesen. Das Kreuz, „eine Schnitzarbeit nach Oberammergauer Art“, wurde 1982 angeschafft. Es löste ein von der bürgerlichen Gemeinde Weiler gestiftetes Kruzifix ab.

Die Kanzel steht weniger als einen Meter über dem Boden und entbehrt dadurch nicht einer gewissen Symbolik: „Predigerinnen und Prediger, die von hier aus die Worte der Bibel auslegen, stehen zwar der Gemeinde gegenüber, sind aber nicht mehr hoch über sie erhoben.“  

Der Taufstein – kein Stein, sondern ein kleiner Holztisch – ist seit der Innenrenovierung 1990 beweglich. So kann er auch mitten in der Kirche aufgestellt werden. Bei Taufen werden eine Taufschale und -kanne aus Zinn auf den Tisch gestellt.

Die Tücher (Paramente), die am Altar, der Kanzel und manchmal auch am Taufstein hängen, „geben dem Kirchenraum ein festliches Aussehen.“ Entsprechend der kirchlichen Jahreszeiten haben sie unterschiedliche Farben: rot für die „Festtage“, weiß und violett für die Christusfeste, die Passions- und Adventszeit, grün für die Sonntage nach dem Dreifaltigkeitsfest und schwarz für Karfreitag und die Trauertage. Das älteste dieser Paramente sind die roten. Sie wurden 1931 für die neue Kirche hergestellt. Dabei wurde das Material verwendet, das die Familie von Weiler 1885 anlässlich der Konfirmation ihres ältesten Sohnes Friedrich gestiftet hatte. Die weißen und violetten Tücher stammen aus dem Jahr 1962, die grünen aus dem Jahr 1982. Die schwarzen Paramente wurden 1991 der Kirche von Gemeindemitgliedern gestiftet.

Die Schlichtheit und Klarheit aller drei Elemente erinnert an den Bauhausstil der 1920er Jahre.

Auf den ersten Blick kaum zu erkennen sind zwei Kirchenfenster im Chorraum. Nur bei entsprechender Sonneneinstrahlung verrät ein buntes Farbenspiel in der rechten Nische deren Existenz. Dort befindet sich das mit christlichen Symbolen ausgestatte Südfenster. Es zeigt das Auge im Dreieck (Gottes Weisheit in der Dreifaltigkeit, das Christusmonogram (ein griechisches X=CH und P=R, für CHRistus) sowie Alpha- und Omega (Christus ist Anfang und Ende). Das aus dem Jahr 1931 stammende nördliche Fenster weist mit seinem gotischen Maßwerk auf die spätmittelalterliche Entstehungszeit der Kirche hin. Die Evangelisten Lukas (mit Stier) und Johannes (mit Adler) prägen das Bild. Zwei weitere Evangelisten (Matthäus und Markus) waren für das Südfenster vorgesehen. Dieses Vorhaben scheiterte aus finanziellen Gründen. Das Nordfenster wurde von Freiherr und Freifrau von Weiler gestiftet. Darauf verweisen die beiden Adelswappen mit Ritterhelmen. Entworfen wurde das Fenster von Rudolf Yelin jun., einem Stuttgarter Künstler und Professor der Kunstakademie.

Die historische Orgel aus dem Jahr 1931 wurde im Zuge des Kirchenneubaus eingebaut. Sie besitzt zwei Manuale und stammt von der Orgelbaufirma Friedrich Wiegle aus Echterdingen. 1994 wurde sie für 40.000 DM grundlegend gereinigt und überholt. Vor dieser Orgel besaß die Kirche mindestens drei weitere Orgeln. Bereits im Jahre 1701 wurde eine Orgel gegen eine neue eingetauscht. Ihren Platz in der Kirche fand diese auf einer Empore über dem Chor. Die alte wurde von dem Orgelmacher Hans Michael Schmahl in Zahlung genommen. So geht man davon aus, dass dieser auch der Erbauer der damals neuen Orgel war. 1843 erwarb die Kirche über den Orgelbauer Schäfer eine gebrauchte Orgel aus Flein. Die Idee, diese auf der Männerempore zu platzieren, wurde nicht realisiert, da sich der Einbau als zu aufwendig und zu kostspielig erwies. Obwohl bald die „Gebrechen des Alters“ zu spüren waren, hielt man an dieser Orgel bis zum Neubau der Kirche fest. Eine teure Reparatur in Höhe von 500 DM und kleinere, notwendige Verbesserungen ließen sie diese Zeit überdauern. Allerdings musste zwischenzeitlich ein Harmonium die Orgel ersetzen.

Vor dem Verlassen der Kirche lohnt ein Blick auf ein aufschlussreiches Bild im Vorraum, links vor dem Aufgang zur Empore. Es zeigt das Altarbild aus Weiler, einem Triptychon, das wohl in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden ist. Das Original befindet sich heute in einer Außenstelle des New Yorker Metropolitan Museums of Art in Cloisters.

Dieses Marienbild gehörte ursprünglich zu einem Altar, der aus der Kirche auf Burg Lichtenberg (Bottwartal) stammte und sich über viele Jahrzehnte im Schloss Weiler befand. Von 1931 bis 1938 stand er in der neu erbauten Kirche, nachdem ihn die Familie von Weiler der Kirchengemeinde als Leihgabe zur Verfügung gestellt hatte. Danach verkaufte sie ihn vermutlich nach Norddeutschland.

Maria mit Kind, die Schutzheilige des Adels und Patronin der Kirche von Weiler, steht im Zentrum des Altarbilds. Die Krone, die die Engel über ihr halten, „zeugt von dem höchsten Adel Marias.“ Mehrere Heilige umgeben die Gottesmutter. Von links sind dies Josef (mit Wanderstab), Wendelin (als Mönch mit Hirtenstab), Apollonia (mit Zange und Zahn), Barbara (mit Kelch, Hostie und Zweig), Katharina (mit zerbrochenem Rad und Schwert), Laurentius (mit Rost und Evangelium), Sebastian (mit Pfeil und Bogen) und Mauritius (mit Fahne). Apollonia und Laurentius starben den Flammentod. Josef und Wendelin, die beide königlichem Geschlecht entstammten, gelten als Sinnbild des „Duldens und Dienens“. Sebastian und Maritius bewährten sich als jugendliche Ritter im „Kampf für den Glauben“. Sie starben den Märtyrertod. Die der Heiligen Maria zur Seite stehenden Heiligen stehen für Mildtätigkeit und hohe weltliche Herkunft (Kronen) bzw. geistliche Stellung (Tonsur).

Alle Heiligenfiguren repräsentieren Tugenden, die sich der Ritteradel selbst zuschrieb. Sie dokumentierten außerdem die Verbundenheit des Adels mit der Religion. Den Besuchern der Kirche sollte „die Bedeutsamkeit adliger Geburt und Herkunft nicht nur weltlich an der Burg, sondern auch kirchlich am Altar vor Augen geführt werden.“ So gesehen trug die Auswahl dieser Heiligen dazu bei, das feudale Gesellschaftssystem zu legitimieren und zu erhalten.

Zur Geschichte der Pfarrei – von wechselvollen Zeiten, Entwicklungen und „kleinen Besonderheiten“

Weiler gehört vermutlich mit zu den ältesten Orten des Sulmtals. Erste Ansiedlungen könnten bereits zu Zeiten der Alemannen erfolgt sein. Urkundlich wird der Ort erstmals im Jahr 1037 im Rahmen einer Schenkung für die Stiftskirche in Öhringen erwähnt. In den ersten Jahrhunderten seines Bestehens gehörte Weiler mit den Orten Ellhofen, Willsbach, Wimmental und Löwenstein zur Pfarrei Sülzbach. Als Löwenstein 1345 eine eigenständige Pfarrei wurde, kam Weiler als Filialkirche zu dieser Pfarrei. 1480 wurde Weiler zur selbständigen Pfarrei erhoben. Bestellung und Besoldung des Pfarrers lag in Händen der Weilermer Ortsherrschaft. Ein erster Pfarrer war vermutlich ein Heinrich Eckard, der zuvor schon als ein dem Löwensteiner Pfarrer unterstellter Kaplan in der Kirche in Weiler tätig war. Nachdem Wolf von Weiler 1530 zum lutherischen Glauben übergetreten war, wurden in Weiler evangelische Gottesdienste abgehalten.

Seit 1799 gehörte auch der auf einer Hochfläche über Eichelberg gelegene Friedrichshof zur Pfarrei Weiler. Der Ort lag zu Fuß eine halbe Stunde vom Ort entfernt. Da es immer bergauf ging, hätte sich der damalige Pfarrer Schmid, „wenn er Besuche dort zu machen hatte, gerne ein Pferd gewünscht“, war in dessen 1811 verfassten Pfarrbericht zu lesen.

1805/06 kam Weiler unter württembergische Oberhoheit und damit zum Oberamt Weinsberg zugeteilt. So wurde Weiler 1807 auch kirchlich unter die Aufsicht des Dekanats Weinsberg gestellt. Oberster Kirchenherr war jetzt der württembergische König. Das Patronatsrecht blieb zwar weiter bei den Herren von Weiler – es endete erst mit dem Tod Friedrichs Freiherr von Weiler im Jahr 1938 (?) – sie mussten aber die Bestätigung durch den König einholen. Außerdem gab es, wie bei allen „königlich württembergischen Pfarrämtern üblich, regelmäßige Visitationen, aus deren Anlass Pfarrberichte, Pfarrbeschreibungen und alle Arten von Aufstellungen an die Obere Kirchenbehörde, das Evangelische Konsistorium, abgeliefert werden mussten.“

1886 zählte Weiler 447 Einwohner, davon waren 424 evangelisch, 9 katholisch. 24 Einwohner gehörten anderen Konfessionen an. Eichelberg zählte 377 Evangelische, 1 Katholiken und 32 Gläubige anderer Konfessionen. Zu diesen zählten Methodisten, Baptisten und sogenannte „Jerusalemfreunde oder Templer“. Trennungslinien dieser Gemeinschaften gingen mitunter quer durch die Familien: „Die Eltern Jerusalemfreunde und Kirchenfeinde, die Söhne Kirchenbesucher, die Töchter Methodisten, eine davon mit einem evangelischen Mann verheiratet. Das ist fast zum katholisch werden“, war in einem späteren Pfarrbericht des Pfarrverwesers Knapp aus dem Jahr 1898 zu lesen.

1887/88 sorgte ein Staatsgesetz dafür, dass die „seit Jahrhunderten miteinander verflochtenen Vermögensverhältnisse von Kirche und Staat entworren und dann voneinander getrennt werden mussten.“

1889 wurde, wie in allen Gemeinden der Landeskirche, das Gremium des Kirchengemeinderats eingeführt. Diesem gehörten „außer den fünf gewählten Mitgliedern, dem Pfarrer und dem Kirchenpfleger, auch der Ortsvorsteher an.“

1895 gründete Pfarrer Seitz (1889-1903) eine „Ortslesebibliothek“, die jeweils im Winter geöffnet war. Zu einer Zeit, in der es außer Gesang- und Gebetbüchern kaum Bücher in den Familien gab, fand diese Einrichtung großen Zuspruch. Allerdings bestand sie aus Geldmangel nicht sehr lange.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die Pfarrei mehrere Jahre keinen eigenen Pfarrer, unter anderem wohl auch wegen des schlechten Zustands des Pfarrhauses, das bereits 1777 erbaut worden war. So wurde die Pfarrei ab 1903 von Pfarrer Lachenmaier aus Affaltrach mitversorgt. Von da an war der Schritt nicht mehr weit bis zur vollständigen Vereinigung der Pfarreien Affaltrach und Weiler im April 1919. Allerdings gab es zwischenzeitlich auch Überlegungen, Weiler mit Reisach und Eichelberg zusammenzulegen (s. Kapitel Kirchengebäude).

Ein Blick auf die Sitzordnung in der Kirche aus dem Jahr 1920 besagt: „Die Schüler wurden angehalten, die Plätze auf der Orgelempore zu benutzen (nicht wie zuvor hinten im Chor, wo sie allerhand Unfug begingen). Die älteren, männlichen Jugendlichen hatten ihre Plätze auf der oberen, zweiten Empore, die verheirateten und älteren Männer auf der rechten Empore (Männerempore) und die Frauen unten im Kirchenschiff.“

Pfarrer Lachenmaier betreute Weiler bis 1930. Einer seiner Nachfolger, Pfarrer Spellig (1932 -1953) war „unentwegt mit dem Fahrrad zwischen Affaltrach, Weiler und Eichelberg unterwegs“. Über die Jahre des NS-Zeit ist zu lesen: „Eine anfängliche Offenheit für die Ideologie der Nationalsozialisten, wie sie in vielen gesellschaftlichen und kirchlichen Kreisen zu finden war, war wohl auch in Weiler festzustellen. Doch relativ schnell gingen vielen Christen die Augen über die wahren Ziele der Nationalsozialisten auf, so auch in Affaltrach, Eichelberg und Weiler. In der evangelischen Kirche bildeten sich Bekenntnissynoden, die den Widerstand gegen die NS-Glaubensbewegung der Deutschen Christen formierten. Beim Einmarsch der Amerikaner gelang es der mutigen Weilerin Elsa Lenz, am Kirchturm die weiße Fahne zu hissen. Die schwarz-weiß-rote und die Hakenkreuzfahne waren schnell verbrannt worden.“

Pfarrer Rudi Künzel (1953-1980) und sein katholischer Kollege Rudi Albert Ruf aus Affaltrach waren ein „fast schon legendäres Gespann.“ Deren 10-jährige Zusammenarbeit war geprägt vom Geist der Ökumene. Dazu zählten ein jährlicher Predigeraustausch während der Bibelwoche, gemeinsame Gottesdienste und ökumenische Gottesdienste (s. Geschichte der katholischen Pfarrgemeinde Affaltrach). Dieser Geist setzte sich auch unter den nachfolgenden Pfarren fort. Auf Pfarrer Künzel folgte Immanuel J.A. Nau, der die Pfarrstelle bis 1991 innehatte.

1984 kam zu der Doppelgemeinde Weiler-Affaltrach noch die Gemeinde Eichelberg hinzu, so dass die Zahl der Gemeindemitglieder ständig wuchs. In diesem Zusammenhang wurde der Wunsch laut, die Pfarrstelle in Weiler wieder zu reaktivieren. Entsprechenden Anträgen des Kirchengemeinderats wurde seitens des Oberkirchenrats insoweit entsprochen, als ein „Ständiges Vikariat Affaltrach mit Sitz in Weiler“ eingerichtet wurde. Die Vikare Roland Krause und Helmut Mayer waren somit für Weiler und Eichelberg zuständig, blieben aber dem Pfarramt Affaltrach unterstellt. 1988 wurde schließlich das Ständige Vikariat Weiler-Eichelberg von Affaltrach abgetrennt und zu einer „Ständigen Pfarrverweserei“ umbenannt. Die „Kirchengemeinde war nun wieder völlig selbständig und einer Pfarrei gleichgestellt. Nur hatte sie keine ständigen Pfarrer, sondern lediglich Pfarrverweser, die jeweils für ca. drei Jahre bleiben durften.“ Nach Helmut Mayer hatten Alexander Nikoloff (1989-1993) und Susanne Jutz (1993-1997) ihre Dienstaufträge in Weiler-Eichelberg.

Als das Pfarrerehepaar Rüdiger und Christine Jeno 1997 bzw. 1998 ihren Dienst antrat, gehörten zwei Drittel der 1291 Einwohner von Weiler und Eichelberg der evangelischen Kirche an. Mit Hilfe 50 ehrenamtlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entwickelte sich ein reges Gemeindeleben. Dazu zählten die bereits 1930 entstandene Kinderkirche, Jugendgruppen, Spiel- und Mitarbeiterkreise, verschiedene Gesprächsgruppen, Hauskreise und Seniorennachmittage. Frauenfrühstückstreffen, die bereits 1996 „eine besondere Blüte“ erlebten, ergänzten das Angebot. Auch der Kirchenchor, der sich trotz anfänglicher Schwierigkeiten in den 1890er Jahren nach dem Krieg zu einem gemischten Chor entwickelt hatte, wurde fester Bestandteil des Gemeindelebens. Die Nachfolge von Pfarrvikar Jeno traten 2005 Pfarrerin Haufler-Lingoth und 2013 Pfarrerin Braun an. Seit 2021 hat Pfarrerin Wirth dieses Amt inne. Zur katholischen Kirchengemeinde in Affaltrach und zu den Angehörigen der evangelischen Freikirchen werden gute Beziehungen gepflegt. Dazu zählt auch der einmal jährlich stattfindende ökumenische Gottesdienst aller Obersulmer Kirchengemeinden. Zweimal jährlich findet ein Taizé-Gottesdienst in der Kirche in Weiler statt. Eine Pilgerwanderung mit einem Esel leitet jedes Jahr am Palmsonntag die Karwoche vor Ostern ein. Sie führt von Weiler in die benachbarten Gemeinden.

Jetzt - im Jahr 2023 - gehört die Evangelische Pfarrei Weiler - Eichelberg zur "Evangelischen Verbundkirchengemeinde Obersulm See, Affaltrach-Eschenau-Weiler-Eichelberg."


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